Die Dame auf dem 5.000-Yen-Schein

Diese Dame heißt Ichiyo Higuchi (樋口一葉:1872-1896). Sie war eine Schriftstellerin in Japan, die sehr jung starb, nie einen Literaturpreis gewann und nicht viele Werke veröffentlichte. Ich vermute, dass viele Leute nicht wissen, was an ihr besonders ist.

Als ich ein 14-jähriges Mädchen war, habe ich ein paar ihrer Werke gelesen. Sie sind alle auf altem Japanisch geschrieben und ich hatte Schwierigkeiten, die Grammatik zu verstehen. Sie sind anders als das, was heute verwendet wird. Aber als ich sie verstand, konnte ich Szenen aus dem alten Tokio sehen.

Seit ich mich erinnern kann, geht es in ihren Werken entweder um tragische Liebe oder um das Leben. Ihre Werke sind voller realistischer Darstellungen und die Sätze klingen wunderschön, wie Haikus (traditionelle japanische Gedichte). Mit ihren Sätzen erfahre ich, wie tief Ichiyos Kenntnisse über Japanisch und Literatur sind. Ich bin mir immer noch unsicher, ob ich ihre Werke vollständig verstanden habe.

Sie war die Tochter eines Samurai und in einer Epoche, in der sich die japanische Gesellschaft drastisch veränderte, litt sie schrecklich unter Armut und Gender-Probleme. Solche Probleme gibt es auch heute noch in Japan.

Ich werde jetzt die Handlung von „Takekurabe(たけくらべ)“ skizzieren, ihrem Hauptwerk.

In der Welt von Yoshiwara(吉原), einem ehemaligen Vergnügungsviertel Tokios, spielt sich die Geschichte der 14-jährigen Midori(美登利) ab. Geprägt durch das Leben ihrer älteren Schwester, einer berühmten Kurtisane(花魁), steht Midoris eigener Weg als Prostituierte(遊女) bereits fest.

Doch trotz dieser Bestimmung lebt Midori unbeschwert. Dank des Ruhms ihrer Schwester erhält sie von verschiedenen Personen Taschengeld, mit dem sie ihren Freunden Geschenke macht und sich wie eine Königin unter den Kindern benimmt.

Midori ist befreundet mit Shota(正太), einem Jungen, der sie vermutlich mag. Er bewundert ihre Schönheit und bittet sie sogar um gemeinsame Fotos. Die beiden verbringen viel Zeit miteinander.

Zur gleichen Zeit besucht Nobuyuki(真如), der Sohn eines Mönchs, dieselbe Schule wie Midori. Nobuyuki strebt danach, Mönch zu werden. Als er eines Tages fällt und Midori ihm ein Taschentuch reicht, werden die beiden von ihren Freunden aufgezogen und als passendes Paar bezeichnet.

Der ernste Nobuyuki meidet Gerüchte und zeigt Midori die kalte Schulter. Midori kann nicht wissen, wie Nobuyuki fühlt. Midori versucht, sich Nobuyuki gegenüber freundlich zu verhalten und bittet ihn sogar, eine Blume von einem hohen Ort zu holen. Verlegen pflückt Nobuyuki jedoch eine andere Blume und wirft sie ihr zu.

An einem regnerischen Tag gehen Nobuyukis Clogs in der Nähe von Midoris Haus kaputt. Voller Mitleid möchte sie ihm helfen, doch die Scham hindert sie daran, ihn direkt anzusprechen. Schließlich wirft sie ihm ein Tuch zur Reparatur zu, welches er jedoch ignoriert.

Einige Tage später ändert sich Midori die Haare wie eine Erwachsene(島田結). Shota bewundert ihren neuen Look und kommentiert: „Midori-san, du siehst wunderschön aus.“ Doch Midori wirkt niedergeschlagen und antwortet: „Ich will nicht erwachsen werden.“

Kurz darauf wird eine künstliche Narzisse in die Wand von Midoris Haus gesteckt. Es ist der Tag bevor Nobuyuki die Schule verlässt, um Mönch zu werden.

Ihre unerfüllte Liebe zu Nobuyuki bleibt ihr ein Leben lang in Erinnerung, als zarte Erinnerung an eine flüchtige Begegnung in ihrer Jugend.

Es gibt zwei Theorien, warum Midori niedergeschlagen gewirkt hat: Eine besagt, dass sie ihre erste Menstruation hatte und bereit war, sich zu prostituieren. Die andere, eine kürzlich aufgetauchte Behauptung, besagt, dass sie gezwungen wurde, ihren ersten Kunden als Prostituierte anzunehmen.

Nach dem, was ich gelesen habe, sind beide Theorien möglich, aber auf jeden Fall drücken sie die Traurigkeit der damaligen Jugend aus.

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